Roboter, Drohnen & Co. regen zu intensivem Austausch an
Ausprobieren und Fantasie für die Arbeit mit neuesten Technologien in der Pflege entwickeln – unter diesem Motto stand der Tag des offenen TDG Lab am 30. Juni in Halle (Saale). Dafür fuhr das Team der Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG) groß auf.
„Wir haben für unser Innovationslabor viele Technologien aus dem Bereich Mobilität und Robotik ausgesucht. Etwa einen 250.000 Euro teuren Serviceroboter oder eine Drohne für 50.000 Euro“, sagt TDG-Projektleiter Prof. Dr. Patrick Jahn bei der Begrüßung. Technik, die ausdrücklich für alle im TDG Bündnis zugänglich sei. Egal, ob Anwender:innen, Wirtschaftspartner:innen oder Studierende. „Wir wollen damit Innovationen anstoßen und mit Ihnen neue Perspektiven entwickeln. Also, viel Spaß beim Ausprobieren, Unterhalten und beim Diskutieren.“
Gas geben erlaubt!
Bereits draußen vor dem Eingang zum Lab lud TDG-Koordinator Dr. Karsten Schwarz zu Testrunden mit zwei Cargo-E-Bikes. Gas geben ausdrücklich erlaubt. Eine Gelegenheit, die sich Dr. Isabel Alkhasli und Bärbel Rademacher von Com(m)2020 nicht entgehen ließen. Die beiden kamen extra aus Cottbus und gehörten damit zu den Gästen mit der längsten Anreise. „Wir sind wie die TDG ein WIR! Bündnis“, sagt Bärbel Rademacher. Auch mit Com(m)2020 wolle man technische Potenziale für die Stärkung der Gesundheitsversorgung stärken und dafür die regionalen Kräfte bündeln, aber eben in der Lausitz. Seit einem Bündnistreffen in Potsdam stehe man mit der TDG in Kontakt. „Das Lab mit der Technik zum Anfassen ist interessant“, sagt Isabel Alkhasli. „Mich interessiert heute aber auch, wie der Einsatz in den Projekten wissenschaftlich evaluiert wird.“
Schon kurz nach der Eröffnung ist der Andrang auch in den Räumlichkeiten groß. An einer der ersten Stationen gilt es, mit VR-Brille auf dem Kopf und einem Notfallpatienten in einem virtuellen Raum einen Zugang zu legen und das richtige Medikament in der richtigen Dosis zu verabreichen. Dabei gehe es unter anderem um das Trainieren der Schrittabfolgen, aber auch um das allgemeine Erleben von Stresssituationen, wie Multimedia-VR-Design-Student und TDG-Mitarbeiter Jacob Schaaf erklärt. Einen Raum weiter lässt sich unter anderem etwas entspannter Memory oder Mensch ärgere dich nicht auf einem digitalen Tisch made in der TDG-Region, dem Caretable, spielen.
Neugier und viele Fragen beim Tag des offenen TDG Lab
„Genial, diesen Tisch könnte ich für meinen Vater direkt gebrauchen. Auch für Pflegeeinrichtungen oder für die Senioren in der Gemeinde, in der ich lebe, wäre das Gerät ideal“, sagt Ines Marzian aus der Drittmittelverwaltung des Universitätsklinikums Halle. „Es ist spannend zu sehen, wie weit die Technik ist. Ich fürchte nur, sie ist viel weiter als die Menschen, die von ihr profitieren sollen, und die Bedingungen im häuslichen Umfeld.“
Dass Senior:innen den Innovationen durchaus offen gegenüberstehen, stellte unter anderem Karina Kaiser unter Beweis. Die Vorsitzende des Kreisseniorenrats Mansfeld-Südharz kam mit Neugier und vielen Fragen zum Tag des offenen TDG Lab. „Wir Senioren auf dem Land sind schon jetzt besonders vom Fachkräftemangel in der Pflege betroffen“, sagt Karina Kaiser. „Wir wollen daher wissen, was bringt uns die Technik und wie kann sie dabei unterstützen, dass die Pflege bleibt.“ Bestimmte Erfindungen, die sie an diesem Tag ausprobieren konnte, würde sie direkt auch privat nutzen, wie das digital gestützte Versorgungsmodell für Herzinsuffizienz-Patient:innen vom TDG-Projekt DigitHAL. Und trotzdem blieben bei ihr und anderen Senior:innen die Angst vor der Pflege mit kalter Hand.
Mega-Visionen vs. Realitycheck
Die Pfleger:innen der Zukunft zeigten sich von den technischen Innovationen „total beeindruckt“. Ob die Entwicklungen ihren Beruf für sie attraktiver machen? „Auf jeden Fall“, so Arik Lange von der medizinischen Berufsfachschule Leipzig. „Wir sind für die Pflege der Menschen zuständig. Wenn wir uns auch dank der Technik darauf stärker konzentrieren könnten, wäre das ein echter Mehrwert.“
Die Frage nach dem Mehrwert stellte sich auch für Gabriel Kolar beim Besuch des TDG-Labs. „Der Realitycheck darf bei aller Faszination für mich nicht aus den Augen verloren werden“, sagt der Innovationsmanager des Transfer- und Gründerservices der Uni Halle. „Das sind alles Mega-Visionen. Ideal für Forschungszwecke und zum Testen von Anwendungsbereichen. Es braucht dann aber die machbare Lösung und den Bau von günstigen Alternativen.“
An Fantasie und Gesprächen mangelte es an diesem Tag nicht. Am Ende nutzten über 100 Gäste die Gelegenheit, das TDG Lab zu besuchen. Das Fazit von Lab-Leiterin Dr. Anja Wolf? „Wir sind überwältigt von dem großen Interesse“, so Wolf. „Das Lab konnte noch am selben Tag ein Exoskelett zum Testen an das Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen verleihen. Auch gibt es mehrere Anfragen zum mobilen Fernsehstudio.“ Das TDG-Team ist überzeugt, dass es nicht nur in der Pflegepraxis, sondern auch in der Kommunikation darüber neue Methoden braucht. „Im TDG Lab bieten wir sehr gute Möglichkeiten, um Innovationen in allen Bereichen auszuprobieren“, sagt Anja Wolf.
Mehr zur Technik im TDG Lab gibt es hier.
Fotos: Ksenia Krylova