Austausch als Schlüssel: Mit KI zu einer besseren Gesundheitsversorgung

“Welche Potentiale bietet Künstliche Intelligenz, um in Zukunft die Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt zu verändern? Und welche Chancen und Herausforderungen bieten diese Veränderungen?” Die dritte Runde der Netzwerkveranstaltung GESUNDHEITSVERSORGUNG IN SACHSEN-ANHALT – QUO VADIS?, organisiert von der Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG), dem Institut für Wissens- und Technologietransfer und der Techniker Krankenkasse, widmete sich der Beantwortung dieser Fragen. Expert:innen diskutierten im Panel über Zukunftsszenarien und die Gestaltungsmöglichkeiten einer digitalisierten Gesundheitsversorgung unter Einbindung künstlicher Intelligenz (KI). Im Impulsvortrag von Dr. Tobias Gantner, Gründer der HealthCare Futurists GmbH, wurden aktuelle Herausforderungen und zukunftsweisende Potenziale der Künstlichen Intelligenz im Gesundheitswesen beleuchtet. Spannende Einblicke in innovative, KI-gestützte Lösungen für das Gesundheitswesen erhielt das Publikum durch die Startup-Pitches von Wundera, HealthCare Futurists GmbH und IQONIC.AI. Die Möglichkeit sich einzubringen, erhielten die Teilnehmenden durch die Diskussion an Thementischen.

Transformation im Gesundheitswesen: KI als Chance und Bildung als Grundlage

Dr. Tobias Gantner, Gründer und Geschäftsführer der HealthCare Futurists GmbH, bot in seinem Impulsvortrag mit dem Titel „Besser künstlich intelligent als natürlich ignorant“ einen facettenreichen und provokanten Blick auf das deutsche Gesundheitswesen und die Rolle der Künstlichen Intelligenz. Gantner eröffnete mit einer humorvollen Bestandsaufnahme: „Die beiden Erfolgsmodelle im deutschen Gesundheitswesen sind das Fax und der Hausnotruf-Knopf.“

Sein Vortrag fokussierte sich auf die Notwendigkeit von Bildung und kritischem Denken, um die „natürliche Ignoranz“ im Umgang mit KI zu überwinden und deren Potenzial als Werkzeug bestmöglich zu nutzen. Bildung, so Gantner, sei der Schlüssel, um nicht „natürlich ignorant“ zu bleiben. Dabei verglich er KI mit „Luftbildarchäologie“: Sie könne Muster erkennen, doch die Interpretation und das Verstehen bleibe eine menschliche Aufgabe.

Gantner regte dazu an, Technologie nicht nur als Effizienztreiber, sondern als Chance zur Neugestaltung des Gesundheitswesens zu verstehen. Ein besonderes Anliegen war ihm die Vermittlung von „Future Skills“ wie Resilienz und kritischem Denken, um den Umgang mit der fortschreitenden Digitalisierung und KI zu meistern.

Er schloss seinen Vortrag mit einem eindringlichen Aufruf zur Verantwortung: „KI darf uns nicht das Denken abnehmen. Aber man kann nur jemandem das Denken abnehmen, der jemals das Denken gelernt hat.“ Er warnte davor, die KI unreflektiert als Allheilmittel zu betrachten und erinnerte daran, dass Bildung und ein gesunder Skeptizismus die Basis für den sinnvollen Einsatz dieser Technologie darstellen.

KI – Ein hilfreiches Werkzeug oder unerreichbare Vision?

Die Podiumsdiskussion, moderiert von Steffi Suchant, Leiterin der TK-Landesvertretung Sachsen-Anhalt und Prof. Dr. Patrick Jahn, Leiter der AG Versorgungsforschung der MLU, begann mit der Frage nach dem tatsächlichen Stand der KI-Anwendungen im Gesundheitswesen. Dr. Jörg Böhme, Vorstand der kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, erklärte, dass es oft bereits an grundlegender Digitalisierung fehle: „Wir haben noch nicht einmal die Möglichkeit, stationär digitale Kommunikation zu nutzen – das erschwert die Integration von KI enorm.“ Die Relevanz der Technik steht für ihn außer Frage, doch die Praxis hinkt den Möglichkeiten weit hinterher.
 
Prof. Dr. Wolfgang Schütte, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt, sah in Bereichen wie der Radiologie und Pathologie zwar vielversprechende Einsatzmöglichkeiten für KI, betonte aber, dass es derzeit noch an einer flächendeckenden Umsetzung fehle und viele strukturelle Barrieren überwunden werden müssten.

KI als Lösung gegen Fachkräftemangel

Jan Pilhar von IBM Deutschland hob hervor, dass KI nicht nur eine technische Entwicklung, sondern eine Notwendigkeit sei, um dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu begegnen: „Die demografische Entwicklung und der zunehmende Mangel an medizinischem Personal machen es unvermeidlich, Prozesse zu digitalisieren.“ KI-Anwendungen könnten Dokumentationsprozesse entlasten und das Gesundheitssystem widerstandsfähiger machen. Dr. Tobias Gantner, wies zudem auf die zu erwartenden globalen Unterschiede hin: „In bestimmten Ländern werden KI-basierte Produkte zugelassen, deren Berechnung nicht in unsere Systeme passt. Wir müssen die Bildung in diesem Bereich fördern, um das zu verstehen.“

Der praktische Nutzen von KI: Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung

Ein wesentlicher Punkt der Diskussion war die Frage, wie KI die Effizienz im Gesundheitswesen steigern könnte. Prof. Dr. Schütte hob hervor, dass automatisierte Prozesse in der Diagnostik und Dokumentation, wie etwa die Erstellung von Arztbriefen, eine enorme Zeitersparnis bieten könnten. Auch Dr. Gantner sieht hier großes Potenzial: „Die Entlastung des medizinischen Personals durch KI ist eine der größten Chancen für das Gesundheitssystem in den kommenden Jahren.“

Für die Pflege sieht Prof. Dr. Patrick Jahn, Leiter der AG Versorgungsforschung in der MLU, ebenfalls Chancen: „KI könnte helfen, Risiko-Assessments effizienter zu gestalten und Pflegekräfte zu entlasten.“ Doch auch hier betonte die Runde, dass viele Hürden noch überwunden werden müssen, bevor eine breite Umsetzung möglich ist. Steffi Suchant von der Techniker Krankenkasse (TK) erläuterte ein praktisches Beispiel: „Unsere KI-Anwendung zur Stempelerkennung spart uns enormen Verwaltungsaufwand.“

Jens Schneider, Leiter der Stabstelle für zentrales Projekt- und Prozessmanagement, berichtet von einem innovativen Ansatz am Universitätsklinikum Halle (Saale): Als erstes Krankenhaus in Deutschland setzt das Klinikum einen KI-gestützten Messenger-Dienst ein, eine Art „WhatsApp für Ärzte“. Dieser Dienst soll den sicheren Datenaustausch und die Kommunikation unter medizinischen Teams deutlich verbessern und so zu einer effizienteren Zusammenarbeit im Klinikalltag beitragen.

Bildung und Aufklärung als Grundlage für eine erfolgreiche Implementierung

Ein zentrales Thema der Podiumsdiskussion war die Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz von KI. Dr. Gantner sieht hierin einen wichtigen Ansatzpunkt: „Bildung ist unerlässlich, damit das Gesundheitspersonal KI nicht nur anwenden, sondern auch kritisch hinterfragen kann.“ Die Gesellschaft muss, so die Runde, aktiv in die Debatte über die Rolle der KI im Gesundheitswesen einbezogen werden, um Bedenken abzubauen und Vertrauen zu schaffen.

Prof. Dr. Jan Schildmann, Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin und Mitglied des Vorstandes der Zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (ZEKO) bei der Bundesärztekammer, betonte, dass die Einführung von KI im Gesundheitswesen nicht ohne ethische Begleitung erfolgen könne. Er mahnte, dass die KI-Nutzung stets im Hinblick auf das Wohl der Patienten reflektiert werden müsse: „Wir tragen die Verantwortung, dass jede KI-Anwendung das Wohl der Menschen fördert und nicht schadet.“

Perspektiven: Mehr Optimismus und gemeinsame Anstrengungen gefordert

Gantner und Pilhar betonten, dass die Einführung von KI im Gesundheitswesen mehr Offenheit und Mut von allen Beteiligten erfordere. Pilhar sagte: „Eine Zusammenarbeit zwischen Kostenträgern, Versorgern, Industrie und der Wissenschaft ist unverzichtbar, um innovative Ansätze zu entwickeln.“ Auch Frau Suchant schloss sich an und appellierte an eine optimistischere Haltung: „Ein größerer Datenschatz und die entsprechenden technischen Anwendungen könnten helfen, den Arzt zu entlasten.“

Wie KI die Gesundheitsversorgung transformieren kann – Visionen, Patientensicherheit und Innovationen im Fokus

An drei Thementischen wurde diskutiert, wie KI die Versorgung verbessern kann, welche Herausforderungen zu lösen sind und welche Weichenstellungen noch nötig sind, um Innovationen wirklich umzusetzen:

Thementisch 1️: KI im Gesundheitswesen – Vision 2045

Das Potenzial von KI für eine bessere Gesundheitsversorgung ist enorm. Doch Fragen wie die Vereinbarkeit des Solidarprinzips mit dem Generationenvertrag stellen uns vor Herausforderungen. Die Diskussion hat gezeigt, dass wir KI-getriebene Gesundheitsversorgung interdisziplinär und frühzeitig gestalten müssen. Der Fokus liegt darauf, die ländliche Versorgung zu sichern, digitale Assistenzsysteme zu nutzen und Sensorik und Robotik sinnvoll einzusetzen. Fragen, die es weiterhin zu diskutieren gilt: Wo wollen wir als Gesellschaft 2045 stehen und was wollen wir uns leisten?


Thementisch 2️: KI und Patientensicherheit

Das Ziel, Patientensicherheit durch KI zu verbessern, erfordert mehr Daten – aber auch ein hohes Maß an Datenschutz, um das Vertrauen der Patienten zu gewinnen. Eine große Herausforderung bleibt, dass Pflegekräfte im Umgang mit KI emphatisch geschult werden müssen, um Menschlichkeit zu bewahren. KI wird als wertvolle Unterstützung, nicht als Ersatz für den Menschen gesehen, denn „Menschlichkeit und KI sind kein Widerspruch.“


Thementisch 3️: Innovative KI-Projekte und Lösungen für das Gesundheitssystem

Innovative Anwendungen der KI im Gesundheitswesen, wie z.B. Sprach- oder Filterfunktionen zur Unterstützung der Dokumentation, zeigen das Potenzial der Technologie. Es fehlt jedoch an politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die junge Unternehmen und Start-ups fördern. Der deutsche Gesundheitsmarkt wird derzeit von vielen als unattraktiv empfunden – auch große Unternehmen schrecken zurück. Um KI-gestützte Dokumentation und andere Innovationen in Deutschland voranzubringen, braucht es Investitionsanreize und politische Unterstützung.

Fortsetzung folgt

Steffi Suchant, Leiterin der TK-Landesvertretung Sachsen-Anhalt, betont, dass die Netzwerkveranstaltung als Plattform für den Austausch aller Akteure im Gesundheitswesen wichtig sei, um KI langfristig in die Praxis zu bringen. „Das Thema KI ist für uns noch in den Kinderschuhen […] aber die Entwicklung ist so schnell.“ Sie sieht großen Bedarf an weiteren Veranstaltungen.

 

Probleme in der Pflege heute – Lösungen für morgen 

Herausforderungen und Ideen aus dem Alltag von Pflegekräften

Datum: Individuell vereinbar  

Dauer: 60 Minuten 

Ort: (vorerst) digital 

Kosten: kostenlos 

Teilnehmeranzahl: max. 10 Personen

Referent:in: Mitarbeiter:in TDG Bündnismanagement

Sie arbeiten in der Pflege? Geht es um die Gegenwart in ihrer Branche, kennen Sie die täglichen Herausforderungen am besten. Denken Sie an die Zukunft, wissen Sie genau, was Sie anders oder besser machen würden? Sprechen wir darüber! 

Wir möchten Ihren und den Alltag von Pflegebedürftigen durch den Einsatz und die Entwicklung innovativer Lösungen verbessern. In diesem Mitmach-Format geht um den Austausch mit Ihnen, denn Sie sind der Experte/die Expertin. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie Probleme mit bereits vorhandenen Innovationen gelöst werden können. Oder welche Lösungen es in Zukunft braucht, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern.  

Bei Interesse schreiben Sie uns eine E-Mail. Wir gestalten unsere Mitmach-Formate individuell und passen sie bedarfsorientiert an Sie an. 

Für wen? Pflegefachkräfte, pflegende Angehörige, Interessierte, Pflegebedürftige.

Pflege-Innovationen in die Praxis integrieren – aber wie?

Austausch-Format für Entscheider*innen in der Pflegewirtschaft 

Datum: Individuell vereinbar  

Dauer: 60 Minuten 

Ort: (vorerst) digital 

Kosten: kostenlos 

Teilnehmeranzahl: max. 5 Personen

Referent:in: Mitarbeiter:in TDG Bündnismanagement

Innovationen im Bereich der Pflegewirtschaft sind bereits vorhanden. Durch TDG-Projekte kommen neue dazu. Neben den Anwender:innen und Betroffenen, für die diese Lösungen entwickelt werden, benötigt es Entscheider:innen im Bereich Pflege und Gesundheit. 

Sie sind Leiter:in einer Pflegeeinrichtung oder Pflegedienstleister? Sie haben auf kommunaler Ebene Verantwortung für die Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen? Sie möchten neue Lösungen in ihrer Einrichtung integrieren oder neue Ideen mitentwickeln und Pflege künftig erleichtern? Dann ist dieses Mitmach-Format genau das Richtige für Sie. 

Wir stellen Ihnen aktuelle Innovationen vor. Erklären Ihnen, wie Innovationen entstehen und diskutieren mit Ihnen, wie Innovationen in die Praxis und damit in den Alltag von Millionen von Betroffenen überführt werden können. Lassen Sie sich von uns informieren und inspirieren. 

Bei Interesse schreiben Sie uns eine E-Mail. Wir gestalten unsere Mitmach-Formate individuell und passen Sie bedarfsorientiert an Sie an.

Emotions-Roboter, schlaue Spiegel & Co. 

Digitale Innovationen kennenlernen und diskutieren

Datum: Individuell vereinbar 

Dauer: 60 Minuten  

Ort: (vorerst) digital 

Kosten: kostenlos 

Teilnehmeranzahl: max. 10 Personen

Referent:in: Mitarbeiter:in TDG Bündnismanagement

Innovationen in der Pflege sollen alltägliche Abläufe unterstützen und das Leben von Pflegebedürftigen sowie von Pflegenden vereinfachen und verbessern. Bereits heute gibt es zahlreiche Lösungen, die zu mehr Mobilität und Selbstversorgung führen. Zudem können kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie das Alltagsleben mit sozialen Kontakten durch Innovationen aufrechterhalten bleiben.  

In unserem Mitmach-Format geben wir Ihnen Einblicke in bereits bestehende Innovationen und erklären, wie Sie diese in Ihren Alltag integrieren können. Lassen Sie sich überraschen, was es neben Emotions-Robotern, digitalen Tablettenspendern, intelligenten Spiegeln oder elektrischen Rollatoren heute schon gibt. 

Wir führen Sie (vorerst) digital an diese Innovationen heran und diskutieren mit Ihnen über Stärken, Schwächen und die Alltagstauglichkeit.   

Bei Interesse schreiben Sie uns eine E-Mail. Wir gestalten unsere Mitmach-Formate individuell und passen sie bedarfsorientiert an Sie an. 

Für wen? Pflegefachkräfte, pflegende Angehörige, Interessierte, Pflegebedürftige