Nicht alt, sondern mobil und digital
Nauendorf liegt im Saalekreis in Sachsen-Anhalt und damit mitten in der Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG). Der Ort vereint vier Ortsteile mit etwa 1800 Einwohner:innen. Mehr als die Hälfte sind über 60 Jahre alt und häufig alleinstehend. Doch einsam muss niemand von ihnen sein.
„Unsere Schwerpunkte sind die Mobilisierung von Gemeinschaftssinn und der Aufbau von sozialen Kontakten“, sagt Detlef Jeschick vom Seniorenverein Nauendorf (Sevena). Das Motto lautet: Nicht alt und senil, sondern junggeblieben und mobil!
Von „Schmunzeln zum Kaffee“ bis E-Sports

Menschen ab 55 Jahren können sich im Sevena regelmäßig an der Zielscheibe beim Darts messen, Gesellschaftsspiele spielen, kegeln, bowlen oder tanzen. Es gibt die Sportgruppen mit Rainer und Kati, von denen die eine im Sitzen stattfindet und die andere Standardgymnastik bietet.
Jeden vierten Dienstag im Monat trifft man sich zum Vorlesen unterhaltsamer Literatur zu „Schmunzeln zum Kaffee“ und jeden dritten Donnerstag im Monat gibt es den politischen Stammtisch. Und das sind immer noch nicht alle Sektionen des Vereins. „Demnächst wollen wir E-Sports ausprobieren“, so Jeschick.
Er und seine Frau Brigitte sind das Herz von Sevena.
Sie kommunizieren, organisieren und bleiben am Ball. Das Engagement des Vereins geht dabei weit über die Freizeitgestaltung hinaus. Auch Weihnachten habe man schon zusammen gefeiert. „Die Familien vieler Vereinsmitglieder wohnen nicht mehr in der Region oder haben zu wenig Zeit“, sagt Detlef Jeschick. „Daher versuchen wir auch zu unterstützen, wenn es zum Beispiel um Hol- und Bringdienste geht.“
Verein will Innovationen mitgestalten
Er zählt Arztbesuche, Einkäufe, Behördengänge und andere Gelegenheiten auf, bei denen man füreinander da ist. Die Mitarbeit im Pflege- und Gesundheitsbereich ist ein weiterer Aspekt der Vereinsarbeit. Auch zu Mitgliedern, die nicht mehr aktiv am Vereinsleben teilnehmen können oder aufgrund ihres Gesundheitszustandes verzogen sind, hält man den Kontakt. Niemand soll sich allein fühlen.
Möglichst lange und selbstständig zu Hause wohnen zu können, ist ein Wunsch, der die 98 Mitglieder des größten Seniorenvereins im Saalekreis vereint und der letztlich zu einer Mitgliedschaft im TDG-Bündnis führte. „Unser Engagement ist aus einer Dringlichkeit heraus entstanden“, so der 73-jährige Vereinssprecher.
„Schon jetzt sind Pflegedienste in der Region überlastet. Eine Kurzzeitpflege ist beispielsweise gar nicht mehr möglich. So sind bereit einige Menschen früher in ein Pflegeheim gezogen, als es notwendig wäre.“ Sollte man über neue digitale Technologien eine größere Versorgungssicherheit für Betroffene oder pflegende Angehörige im ländlichen Raum erreichen, möchte man diese unbedingt mitgestalten.
TDG-Engagement beginnt vor der Kamera
Der Kontakt kam über die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und einen Vortrag von TDG-Koordinator Karsten Schwarz zustande. Danach ging alles sehr schnell. Auftakt für eine Zusammenarbeit waren dann die Transformationstage im Sommer 2022 in Nauendorf. Dort konnten die Senior:innen einige der TDG-Projekte live erleben, Prototypen austesten und Feedback geben. Ein Kamerateam hielt den Tag für ein Video fest. Seither sind die Mitglieder von Sevena aus der TDG nicht wegzudenken.
Sie sind Ansprechpartner:innen, wenn es die Meinung der Zielgruppe zu Neuentwicklungen braucht und sind als solche gleich in mehreren Projekten involviert. Regelmäßig finden Fokusgruppen in Nauendorf statt.
In einer lernen die Senior:innen den Umgang mit dem Tablet. „Wir sind dankbar, dass sich von der TDG alle so viel Mühe geben“, sagt Jeschick. Sensibel gehen die TDG-Mitarbeitenden auf das unterschiedliche Lerntempo und die verschiedenen Kenntnisse ein. Das kommt an. Eine Volkshochschule könne das nicht leisten, ist der pensionierte Personalrat überzeugt. Die Schwellenangst vor digitalen Innovationen sei seit der Zusammenarbeit mit der TDG auf jeden Fall gesunken: „Was wir ausprobieren können, probieren wir aus.“
